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Geschichtliche Entwcklung der Grubenanlage St. Briccius

Vorwort

Die geschichtliche Enwicklung der Grubenanlage umfasst eine Zeitspanne von ca. 500 Jahren. Rechnet man die jüngeren Bergbauversuche, sowie die andauernde Wiedererschließung hinzu, sind es sogar ca. 600 Jahre. Eine detailierte Aufschlüsselung der historischen, die Grube betreffenden Geschehnisse ist nicht das Ziel dieser Seite, davon abgesehen ist sie wohl kaum bis ins letzte Detail möglich. Zum einen gingen viele Dokumente im Laufe der Zeit verloren, zum anderen sind relevante Akten enorm gestreut. So beinhalten allein die jetzt zugänglichen Primärquellen eine Unmenge an Informationen. Deren Aufarbeitung bedarf großer Anstrengungen und kann nur Schritt für Schritt erfolgen, zumal sich unser Verein auf die praktische Wiedererschließung konzentriert und Zeit bei uns ebenfalls Mangelware ist.

Im Folgenden sollen die wichtigsten und interessanntesten Eckpunkte angesprochen werden. Weiter unten folgt eine tabellarische Aufschlüsselung. Unsere Quellen (siehe unten) sind hauptsächlich Sekundärliteratur, weiterhin ist das historische Risswerk aufschlussreich. Auch die Befunde der praktischen Forschung ergänzen das geschichtliche Bild.

 

Zeitliche und wirtschaftliche Einordnung

Der Bergbau am Pöhlberg ist zeitlich von früher Blüte im 15. und 16. Jhd geprägt. Schon vor dem Silberfund 1492 in Annaberg wurde hier Bergbau betrieben. Trotz intensiver Bemühungen z.B. durch den Bau von mehreren aufwendigen technischen Einrichtungen sind für das 17.Jhd, 18.Jhd und das 19.Jhd nur Betriebszeiten mit Zubuße und Fristhaltungszeiten überliefert. Die überlieferten Ausbringungszahlen bestätigen, dass konzentrierte und tagesnahe Zinn-, Kupfer- und Silbererze früh abgebaut waren. Wahrscheinlich sinkender Erzgehalt, zumindest aber die erhöhten Abbaukosten machten den Bergbau in der Tiefe zunehmend unrentabel. Leider sind die überlieferten Angaben über das Ausbringen unvollständig und teils wiedersprüchlich. Die Gesamtförderzahlen (soweit bekannt) von ca. 5t Silber und ca. 660t Kupfer innerhalb von 400 Jahren Betriebszeit zeugen von der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Grubenanlage im überregionalen Vergleich..

 

Historischer Abriss

Der zeitliche Ursprung des Bergbaus am Pöhlberg ist nicht bekannt, dürfte aber nach derzeitigem Kenntnisstand vor 1442 liegen, denn nach chronikalischen Aufzeichnungen wurde die Grube in diesem Jahr beim Bergamt Geyer erstmals erwähnt. Die erste urkundliche Erwähnung stammt vom 23.02.1468. In einer Verleihurkunde des Kurfüsten Ernst und des Herzogs Albrecht zu Meißen vom 19.03.1469 wird der "tyffen stolln gelegen an dem Belberge zue nehest pey Rückerßwalde" und der "Suchstolln, den dy alden an haben gefangen" an Erhart Altmann verliehen.
Der genaue Umfang der Grubenbaue und des Erzausbringens dieser ersten Phase kann derzeit nicht nachvollzogen werden. Dendrochronologische Untersuchungen belegen aber, dass schon um 1460 umfangreicher Bergbau im Gange war. So konnten Ausbauhölzer (Tanne), die in 140m Entfernung vom Mundloch und 50m saiger unter Tage gefunden wurden, auf ein Fälldatum 1457 und 1458 bestimmt werden. Der letzte Jahresring der ältesten bestimmten Spurnagelhölzer stammt aus dem Jahr 1473.
Im Zeitraum von 1468 bis 1483 wurden etwa 200t Kupfer (= 14t/Jahr), sowie etwa 1,3t Silber (= 100kg/Jahr) gefunden.
Im Jahre 1495 spricht Albinus II schon vom "Priccius hintern Bölbergk". Die Grubenanlage wurde also schon recht früh nach den Heiligen Brictius von Tours benannt.

Man kann davon ausgehen, dass der Bergbau im Bereich der heutigen Pinge, bzw. der "Oberen Dreifaltigkeit" begann, jedoch schon recht früh wurden tiefer am Hang Stolln angelegt um die Tiefbaue natürlich entwässern zu können.
So entstanden die Stolln "Oberer St. Briccius", "Mittlerer St. Briccius", "Tiefer St. Briccius", "Obere Dreifaltigkeit", "Tiefe Dreifaltigkeit", "Oberer Freudenstolln" und "Tiefer Freudenstolln". Letzterer befindet sich im Pöhlatal bei ca. 520m ü.NN und ist der längste Stolln. Er hat eine Gesamtlänge von ca. 1300m, ist jedoch nicht mit den restlichen Grubenbauen verbunden. Somit ist der tiefste entwässernde Stolln der "Obere Freudenstolln" an der "Alten Königwalder Straße".
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurde der Bergbau mit unterschiedlicher Intensität betrieben. Es wechselten sich Betriebsperioden (oft mit Zubuße) und Fristhaltungszeiten ab.
Auch bekannte Unternehmer wie z.B. Christoph Uthmann, sowie nach dessen Tod, seine Frau Barbara und die Söhne Jakob, Paul und Hans waren Besitzer der Grubenanlage.
Weitere am Briccius beteiligte Unternehmer waren z.B. Hieronymus Zürich und Moritz am Steig. Die Ausbeute im Zeitraum von 1523 bis 1800 soll sich auf
ca. 463,2t Kupfer (= 1,7t/Jahr) und ca. 4t Silber (=14kg/Jahr) belaufen.

Im Laufe der historischen Entwicklung wurden einige interessante technische Anlagen errichtet, vor allem um die Schächte zu entwässern.
So wurde im Jahre 1650 ein Wasserrad am Pöhlbach errichtet, dieses übertrug die Kraft über ein ca. 800m langes Feldgestänge bis zum "Mittleren St. Briccius". Im Stolln trieb das Kunstgestänge eine im Schacht befindliche Pumpenkunst an. Nach dem Durchschlag des "Tiefen St. Briccius" wurde auf dessen Niveau von 1699 bis 1702 eine Radstube samt Kunstrad errichtet, dieses wurde allerdings nur bis 1708 betrieben. Um die Bewetterung des "Tiefen Freudenstolln" sicher zu stellen, wurden mehrere künstliche Bewetterungseinrichtungen gebaut, da der lange Stolln außer seinem 140m vom Mundloch entfernten Lichtloch keine weiteren Tageszugänge und somit eine schlechte natürliche Wetterführung besitzt. So wurde vor 1707 angeblich mittels einer "Windkugel" der Vortrieb bei schlechten Wettern ermöglicht. 1717 wurde ein Blasebalg durch ein Wasserrad betrieben, um die frischen Wetter durch Holzlutten bis 1277m vor Ort zu bringen. 1765 betrieb man eine Wassereinfallmaschine um die Frischwetter zu erzeugen und über 1280m vor Ort zu drücken.
Im Jahre 1796 errichtete man für 188 Thaler ein Huthaus am Mundloch des "Oberen Freudenstollns".

Als eine der letzten Gruben im Annaberger Bergrevier wurde der "St. Bricccius" im Jahre 1892 verwahrt. Das Bergbaurecht erlosch 1931.

Untersuchungen nach 1900

Die Grube wurde 1935/1936 wieder verliehen. In jener Zeit wurden wichtige Schächte im St. Briccius und der Heiligen Dreifaltikeit wieder ausgefahrtet und das Profil des "Tiefen Freudenstollns" wurde auf ca. 200m Länge nachgefahren. Im Mai/Juni 1936 wurde durch die Lagerstätten-Forschungsstelle Leipzig eine Bemusterung der Grube durchgeführt, einige der vermutlich in dieser Zeit genommenen Schlitzproben sind noch heute zu sehen. Da keine weiteren Arbeiten folgten, kann man davon ausgehen, dass die vorgefundenen Erzgehalte nicht den Erwartungen entsprachen.

In den Jahren 1948/49 fanden bei breit angelegten Sucharbeiten der SAG Wismut auch radiometrische Untersuchungen im "Erkundungsrevier Pöhlberg" statt. Es wurden sowohl die Halden als auch die befahrbaren Stolln überprüft. Da man hierbei keine Aktivität feststellen konnte, wurde auf bergmännische Erkundungsarbeiten verzichtet. Gegen Ende des Annaberger Uranbergbaus rückte der Pöhlberg noch einmal in den Fokus des geologischen Interesses. Auf der Suche nach einer möglichen Ostfortsetzung der Kleinrückerswalder Uranlagerstätte gelangte man mit einem Querschlag bei ca. +470 m NN unter die alten Briccius-Baue.

Wiedererschließung

Ab 1982 wurde die Altbergbauanlage wieder erforscht, 1983 gründete sich hierzu eine Arbeitsgruppe, die ab 1984 mit offizieller Genehmigung zur Durchführung bergmännischer Aufwältigungsarbeiten Grubenteile wieder zugänglich machte. Nach 1990 schloss sich die Gruppe den Heimatverein an und arbeitet seit dem Jahr 2000 als eigenständiger Verein. Für näheres siehe Verein.

 

Tabellarische Übersicht

Jahr / Zeitraum
Bemerkung / Ausbringen
1442 Belehnung beim Bergamt Geyer
1457 Dendrochronologische Untersuchungen belegen Ausbauhölzer in 140m Entfernung vom Mundloch und 50m saiger untertage.
1469 Erhart Altmann bekommt die Grube und umfangreiche Abbaurechte verliehen.
1473 Spurnagelbahn wird verwendet - belegt durch dendrochronologische Untersuchungen.
1469 - 1483

Briccius:

etwa 200t Kupfer (= 14t/Jahr)
etwa 1,3t Silber (= 100kg/Jahr)

1503 Belehnung der Grube Heilie Dreifaltigkeit
1543/44 Übernahme der Gruben durch Christoph Uttmann
1553 Tod des Grubenbesitzers Christoph Uttmann. Seine Witwe Barbara, sowie die Söhne Jakob, Paul und Hans führen den Betrieb weiter.
1575 - 1600

Grube ist im Besitz von Jakob Uttmann, Briccius:

183t Kupfer (= 7,3t/Jahr) ~ 3510 Ctnr.
Schwarzkupfer
1,18t Silber (= 47,3kg/Jahr) ~ 5060 Mark 11Loth

1575 Hieronymus Zürich baut im Pöhlatal eine Schmelzhütte mit Pochwerk, Röststätte, Kohleschuppen und vier Schmelzöfen um die Dreifaltigkeitserze zu verarbeiten.
1580 Moritz am Steig übernimmt die "Heilige Dreifaltigkeit" und lässt den "Tiefen Dreifaltigkeitsstolln" mehrere hundert Meter weit voran treiben.
Trinitatis und Crucius 1589

Heilige Dreifaltigkeit:

584 ¼ Ctnr. 8 Pfund Kupfer
570 Mark 6 Loth 3 Qt. Silber

1592 - 1602 Jakob Uttmann ruiniert sich durch den Vortrieb des "Oberen Freudenstolln" und gibt nach 450m auf.
1523 - 1600

Briccius / Heilige Dreifaltigkeit:

8804 Ctnr. 26 Pfund Kupfer
2546 Mark 8 Loth Brandsilber
14465 Mark 2 Loth Silber

1650 Bau eines Kunstrades im Pöhlatal. Die Kraft wird über ein 800m langes Feldgestänge und ein 260m langes Kunstgestänge in die Grube zu den Kunstgezeugen übertragen.
1699 - 1702 Ersetzen des Gestänges durch ein Kunstrad (11,8m) auf dem "Tiefen St. Briccius".
1701 - 1708 Betrieb des Kunstrades in der Grube mit Wasser aus dem Floßgraben, mithilfe einer 2800m langer Röhrentour.
1796 Bau eines kleinen Huthauses am "Oberen Freudenstolln" für 188 Thaler.
1636 - 1892 Über 10 einzelne Betriebsperioden stets mit Zubuße.
1892 Die "Grubenanlage St. Briccius" wird als eine der letzten im Annaberger Revier verwahrt.
1935 - 1936 Es erfolgt die erneute Verleihung, Ausfahrtung von Schächten, Aufwältigung von 200m Stolln im "Tiefen Freudenstolln" und Bemusterung der Grube durch die Lagerstätten-Forschungsstelle Leipzig.
1948/1949 Radiometristische Untersuchung der Halden und Stolln.
1957 Unterfahrung des Grubenfeldes mit dem Querschlag "17 A Ost" vom Schacht "Uranus".
1982- jetzt Wiedererschließung und Erforschung der Grubenbaue.
 
wichtige Quellen:

"Bergbau im Erzgebirge" - Ottfried Wagenbreth - ISBN 3-342-00509-2

Der Grubenbericht von E. Schindler aus dem Jahre 1812 über das Grubengebäude "Tiefer Briccius Stolln" im Annaberger Revier - Bernd Lahl - Schriftenreihe: Akten und Berichte vom sächsischen Bergbau - Heft 1